Factoring/Forderungsfinanzierung

Zu wenig Eigenkapital

Im internationalen Vergleich weisen deutsche Unternehmen eine wesentlich geringere Eigenkapitalquote auf. Sie sind daher in besonderem Maße auf Fremdkapital angewiesen. Bei der Fremdfinanzierung durch Banken zeichnen sich allerdings Veränderungen ab, die vor allem für mittelständische Unternehmen die Finanzierung ihrer Außenstände erschweren können. Diese Veränderungen hängen mit den sogenannten “Baseler Empfehlungen” zusammen.

Nach den Empfehlungen und entsprechenden europäischen Richtlinien soll das Eigenkapital einer Bank künftig nicht mehr nach einem festen Prozentsatz der Aktiva in der Bilanz bemessen, sondern dem Risiko jedes einzelnen Kreditengagements angepasst werden. Dies setzt eine standardisierte Beurteilung der Kreditrisiken durch Ratings voraus und wird zumindest dazu führen, dass Firmenkredite für mittelständische Unternehmen teurer werden als bisher.

Auswirkungen der neuen Insolvenzordnung

Die seit dem 1.1.1999 geltende neue Insolvenzordnung hat dazu beigetragen, dass die Fremdfinanzierung für mittelständische Unternehmen schwieriger geworden ist. Diesen Unternehmen räumen Banken im Normalfall keine Blankokredite ein, sondern verlangen entsprechende Sicherheiten, die im Insolvenzfall vom Insolvenzverwalter verwertet werden. Auch diese Regelung wird dazu beitragen, dass das Interesse von Banken und Sparkassen am Firmenkreditgeschäft weiter zurück geht.

Konsequenzen für mittelständische Unternehmen

Auf Grund der geschilderten Tendenzen muss man befürchten, dass für viele mittelständische Unternehmen eine Fremdfinanzierung über Bankkredite erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht wird. Neue Finanzierungsmodelle müssen entwickelt werden, die an die Stelle der traditionellen Firmenkredite der Banken und Sparkassen treten können. Bei der Suche nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten wird auch Factoring einen höheren Stellenwert gewinnen als bisher.

Für Factoring gelten die genannten Einschränkungen und Hindernisse nicht. Es handelt sich um ein eigenständiges Geschäft, das auf den Außenständen bzw. Forderungen eines Unternehmens basiert. Kreditnehmer bei diesem Geschäft sind nicht die Lieferanten bzw. Dienstleister, die dem Factoringinstitut ihre Forderungen zum Kauf angeboten haben, sondern die Schuldner der ausstehenden Forderungen. An die Stelle eines großen Kredits treten viele kleine, breit gestreute Finanzierungsrisiken. Der Ankauf der Forderungen und deren sofortige Bezahlung durch das Factoringinstitut führen für den Factorkunden zu einem Liquiditätszufluss, der parallel zum Umsatz wächst.

Allerdings ist nicht jede Forderung zum Ankauf geeignet; es kommt auf die Produkte oder Dienstleistungen des Factorkunden an und auch darauf, wie solvent seine Abnehmer sind.

Grundsätzlich eignet sich Factoring für fast alle Branchen, weniger geeignet sind jedoch der Maschinenbau und die Bauindustrie. Auch werden Unternehmen mit Strukturproblemen sowie insolvenzgefährdete Unternehmen vom Factor nicht angenommen.

Was bedeutet Factoring für ein Unternehmen

Formen des Factoring

Full-Service-Factoring:

Das Verfahren – auch Standardfactoring genannt – umfasst neben der umsatzkongruenten Finanzierung auch eine hundertprozentige Risikoabsicherung und eine Entlastung beim Debitorenmanagement. Online- Factoring: Abwicklung des Factoringverfahrens unter Verwendung moderner Datenübertragungstechnik.

Bulk-Factoring

Auch Inhouse-Factoring oder Eigenservice-Factoring genannt: der Factoringkunde nutzt die Finanzierung und Risikoabsicherung durch den Factor, verzichtet aber auf weitergehende Dienstleistungen. Er führt die Debitorenbuchhaltung – treuhänderisch für den Factor – selbst durch

Fälligkeits-Factoring:

Factoring-Variante, bei der der Factoringkunde die Vorteile der vollständigen Risikoabsicherung und der Entlastung beim Debitorenmanagement nutzt, aber auf die sofortige Regulierung des Kaufpreises verzichtet.

Echtes/Unechtes Factoring:

Factoringverfahren, bei denen der Factor das Ausfallrisiko übernimmt (Delkredereschutz), werden als “echtes Factoring” bezeichnet; Factoring ohne Übernahme des Ausfallrisikos nennt man “unechtes Factoring”. In Deutschland wird seit Jahren fast ausnahmslos echtes Factoring praktiziert.

Offenes/Stilles Factoring:

Beim offenen Factoring-Verfahren wird der Debitor über den Forderungsverkauf informiert und aufgefordert, direkt an den Factor zu zahlen; beim stillen Factoring-Verfahren wird die Forderungsabtretung dem Debitor gegenüber nicht offengelegt. In Deutschland wird überwiegend die offene Abtretung praktiziert.

Export-Factoring/Import-Factoring:

Die Factoringinstitute bieten Factoring sowohl für den inländischen als auch für den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr an. Nehmen inländische Unternehmen (Exporteure) die Leistungen eines Factors in Deutschland für ihre grenzüberschreitenden Geschäfte in Anspruch, spricht man von Export-Factoring. Handelt es sich um Importgeschäfte, bei denen ausländische Unternehmen die Leistungen eines Factors in Deutschland in Anspruch nehmen, wird dies Importfactoring genannt.